Inflationszeiten sind Angstzeiten - Textbüro Hanisch | Texter Köln | Autor und Journalist
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Inflationszeiten sind Angstzeiten

GI GELDINSTITUTE, 2022: GASTKOMMENTAR ALEXANDER SURMINSKI, IMMOCATION

Inflationszeiten sind Angstzeiten

 

Lange schlich das Gespenst der Inflation durch den Euroraum, jetzt ist es harte Realität. Höchste Zeit, sich dagegen zu wappnen. Was es mit der Geldentwertung auf sich hat und warum Immobilien immer noch eine überlegene Gegenwehr darstellen, erläutert Alexander Surminski, Geschäftsführer von Immocation

Tatsachen schafft man nicht dadurch aus der Welt, dass man sie ignoriert, meinte Aldous Huxley. Es sieht so aus, als sei die Erkenntnis des Schriftstellers angesichts einer Teuerungsrate von 5,1 Prozent im Januar nun auch bei der Europäischen Zentralbank (EZB) angekommen. Prognostizierte sie im Herbst noch einen Preisauftrieb von 1,9 Prozent, erwartet sie neuerdings für 2022 ein Plus von drei Prozent im Euroraum. Im Vergleich zu den Einschätzungen anderer Institute ist dies sogar immer noch moderat. Entsprechend große Sorgen machen sich Bürger um ihr Geld – Inflationszeiten sind Angstzeiten. Und das zurecht. Würde sich die Geldentwertung von Anfang dieses Jahres in den nächsten drei Dekaden fortsetzen, büßte ein Vermögen verheerende vier Fünftel seiner Kaufkraft ein!

Dass das Gespenst der Inflation endgültig harte Realität geworden ist, liegt nicht nur an der Nullzinspolitik und dem Anleihenkaufprogramm der Zentralbanker; es gibt auch andere Faktoren, und sie weisen auf eine Verstetigung des Trends hin. Das Demografieproblem der Industrieländer, steigende Lohnkosten und das Ende von China als Billiglohnstandort machen den Verbraucherpreisen ebenso zu schaffen wie der Druck auf die Lieferketten durch das anhaltende Infektionsgeschehen und die drohende Verteuerung von Importen nach Europa aufgrund der avisierten Zinswende in den USA bei gleichzeitiger Zurückhaltung der EZB.

Der Sparer ist der Verlierer, so viel steht fest. Doch Geld sucht sich seinen Weg. Oder anders formuliert: Anleger müssen das Problem selbst in die Hand nehmen. In Deutschland beliebte Optionen wie Tagesgeld, Sparbriefe oder Lebensversicherungen erweisen sich allerdings als wahre Kapitalvernichter. Wegen der Negativzinsen verlieren sie nicht nur nominal an Wert – durch die Inflation vervielfachen sich die Einbußen sogar. Und Aktien? Langfristig viel besser. Wenn sie von soliden Unternehmen mit kalkulierbarem Geschäftsmodell stammen, die idealerweise Dividenden zahlen und gestiegene Preise gut weitergeben können. Viele Tech-Aktien dagegen kamen in letzter Zeit heftig unter die Räder – gemessen am Rekordhoch vom November verlor die amerikanische Technologiebörse Nasdaq mehr als zehn Prozent. Scheinbar grenzenloses Wachstum ohne nennenswerte Erträge ist eben auf extrem günstige Kredite angewiesen. Drohen sie auszubleiben, steigen viele Anleger aus.

Lässt man Gold, Kryptowährungen und andere Anlagemodelle mit ihren eigenen Tücken beiseite, bieten Immobilien als Klassiker unter den Sachwerten immer noch Vorteile im Kampf gegen die Inflation – trotz aller Klagen über die massive Preisentwicklung. Das gilt vor allem für Vermieter, die weniger exorbitante Wertsteigerungen, sondern eher ihre Altersabsicherung im Auge haben und die Mieteinnahmen für die Tilgung eines Kredits verwenden. Zum einen können sie so ein passives Einkommen auf unbestimmte Zeit generieren, was bei Aktien mit einer jederzeit möglichen Baisse nicht so einfach ist. Und zum anderen resultieren die Einnahmen aus einem Vermögen, das in klug ausgewählten Objekten und Lagen inflationsgeschützt ist, da es im Wert steigt.

Dass die Inflation den Wert der Schulden mindert und Kreditnehmern in die Hände spielt, dürfte sich herumgesprochen haben. Besonders greifbar wird dieser Effekt, wenn man die Geldentwertung und den Aspekt der Arbeit miteinander in Beziehung setzt. So müsste ein Schuldner mit Verbindlichkeiten von 100.000 Euro heute durchschnittlich 5.160 Arbeitsstunden für die Rückzahlung veranschlagen. Geht man von steigenden Gehältern und einer anhaltenden Inflation aus, wären in zehn Jahren nur noch 3.450 Stunden dafür fällig.

Ist die Immobilie in inflationären Zeiten also die eierlegende Wollmilchsau? Nicht ganz. Jeder Wohnungsbesitzer kann das spüren, wenn er auf einer Eigentümerversammlung mit steigenden Kosten konfrontiert wird – die Hausverwaltung will mehr Geld, die Handwerker erhöhen die Preise. Allerdings: Wohnen ist ein Grundbedürfnis, und die Mieten entwickeln sich nicht anders als der Preis für einen Big Mac oder eine neue Jeans. Während der Finanzkrise 2008 etwa schwankten die Kaufpreise deutlich, doch die Mieten bewegten sich parallel zur Inflation. Man muss sich allerdings kümmern: die Miete im gesetzlichen Rahmen von Zeit zu Zeit erhöhen, im Vertrag Mietsteigerungen analog zu Verbraucherpreisindices vorsehen oder Staffelmieten formulieren. So ist es bei vermieteten Immobilien nicht anders als bei sonstigen Vermögenswerten: Das Know-how entscheidet darüber, wie lukrativ sie sind.

Alexander Surminski ist seit Januar 2021 Geschäftsführer von immocation.de, einem Münchener Ausbildungsunternehmens mit Schwerpunkt Wissenstransfer. Zuvor arbeitete Surminski unter anderem als Director bei onvista (2017-2020), Managing Director von ayondo und weiteren international ausgerichteten Finanzunternehmen. Ziel der Münchener ist es, Menschen mit starkem Interesse für Immobilienthemen, ein möglichst breit gefächertes Know-how für den eigenen Vermögensaufbau zu vermitteln.