Könige ohne Thron
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Könige ohne Thron

DIE ZEIT, Nr. 36/2003

Könige ohne Thron

 

Wer in Mexiko-Stadt etwas zu feiern hat, geht auf die Plaza Garibaldi. Hier spielen die Mariachis bis spät in die Nacht. In ihren Liedern beschwören sie die Liebe und die Schönheit, die Heimat und die Revolution

Es gibt Abende, da möchte Serapio alles hinwerfen. Seine Gitarre, seinen Sombrero, die Kluft mit den Blechnieten und seine ganzen Lieder. Einfach alles. So wie gestern, als es wieder passierte. Auf dem Heimweg um vier Uhr morgens in einer der dunkel drohenden Seitenstraßen von Mexiko-Stadt. Zwei Männer, eine Pistole, keine Chance. 600 Pesos, die Ausbeute eines ganzen Tages, wechselten ihren Besitzer. Doch das war gestern. Heute ziehen Serapio Esparza Vásquez und seine Mitstreiter wieder über die Plaza Garibaldi und schluchzen ihre Mariachi-Melodien in die Nacht. Ni modo, was will man machen. In ihren abgewetzten schwarzen Anzügen erinnern die vier Mestizen an alte Raben auf der Suche nach ein paar Brotkrumen. Sie beschwören die Liebe und die Schönheit, die Heimat, die Revolution und den Tod. Applaus bekommen sie selten. Doch darum geht es nicht. Es geht ums Überleben in der größten Stadt der Welt – und um die Seele Mexikos.

Wer etwas zu feiern hat in Mexiko-Stadt, wer verliebt ist, traurig, verzweifelt oder in irgendeiner Stimmung, die sich ohne Musik nicht ertragen lässt, der geht auf die Plaza Garibaldi. Das zwischen Bierschenken, Garküchen, Tanzschuppen und einer sechsspurigen Verkehrsachse eingekeilte Karree am Rand des historischen Zentrums ist ein riesiger Markt. Doch auf ihm handelt man nicht mit Hühnern oder Melonen. Seine Ware ist das akustische Herzblut Mexikos: Mariachi-Musik. Jeden Tag treffen sich auf dem Platz unzählige Kapellen und verkaufen ihre Lieder. Man mietet sie für ein Ständchen, eine Stunde oder für die ganze Nacht. Vor allem am Wochenende, wenn sich hier bis zu 2000 Mariachis Konkurrenz machen, brandet über der „Gari“ eine schwindelerregende Kakofonie. Ein Strudel aus Gitarrenrhythmen und Geigenklängen, Trompetengeschmetter und Männerarien, der auch einmal Igor Strawinsky mitgerissen haben soll. „Das ist es, was ich mein ganzes Leben komponieren wollte!“, habe der russische Komponist begeistert ausgerufen, erzählt man sich.

Schwankende Mütter tanzen hier mit ihren beschwipsten Töchtern

Auf der Plaza Garibaldi haben sie alle Platz: die Etablierten und die Ehrgeizigen, die Hedonisten, die Einsamen und die Gefallenen. Da sind die zwölfköpfigen Cowboy-Ensembles in bordeauxroter Galatracht mit schirmgroßen Sombreros und Zierknöpfen aus echtem Silber, die unter 15 Euro das Stück kaum zu haben sind. Da sind die Einzelgänger in norteño-Montur – Gitarristen mit Poncho über den Schultern und Zigarre zwischen den Goldzähnen, die aussehen, als wären sie gerade einem Italo-Western entstiegen. Da sind die Geselligen in makellosem Kostüm, für die der Tequila genauso wichtig ist wie die Musik. Und da sind die Männer vom Schlage Serapios, die täglich versuchen, genügend Pesos zusammenzukratzen, um sich und ihre Familien durchzubringen, Kapellen mit zerschossenen Ellbogen und ausgebleichten Halsschleifen, deren Geigen manchmal aufjaulen wie aus dem Weg getretene Straßenköter.

Gelegentliche Misstöne werden jedoch immer verziehen, solange das Bärtchen akkurat gestutzt und die Pose muy macho ist. Solche Nachsicht mag auch auf die Wirkung des Alkohols zurückzuführen sein, denn Abstinenz ist der Plaza Garibaldi fremd. Hier trinkt man. Vorsätzlich und mit Vergnügen. Das gilt nicht nur für die vielen Schattengestalten, die der Platz unweigerlich anzieht und die auf ihm Zuflucht vor der Ernüchterung des Morgengrauens suchen. Auf dem Areal stimmen auch Familienväter umso inbrünstiger in ihre Lieder ein, je heftiger ihnen der Alkohol zu Kopf steigt. Schwankende Mütter tanzen mit ihren beschwipsten Töchtern, Liebespaare turteln in ihren Klangwolken, und zuweilen steuern Stocktrunkene ihr Auto an den Rand der Plaza Garibaldi, um sich und der nicht weniger bezechten Geliebten eine Serenade zu spendieren. Die Jugend gönnt sich zusätzlich ein paar toques – Stromschläge aus einem merkwürdigen Aggregat mit zwei Kabelsträngen, an deren Ende je ein Metallstab angebracht ist. Zwei Mutige ergreifen die Stäbe, der Rest fasst sich an den Händen, und schon lädt sich der vor Vergnügen kichernde Reigen elektrisch auf. Ein paar Pesos kostet der Spaß.

Serapio fingert einen Zettel aus seiner Jacketttasche und notiert die letzten Lieder für die Rechnung. Tierra de mis amores, El Triste und Las Mañanitas. 60 Pesos hat der Kurzauftritt in der Bar Moravia gebracht, gut sechs Euro. Damit kann sich seine Band ein Essen in der Markthalle nebenan leisten. Tortillas und Bohnenmus, ein Bier für jeden. Für Fleisch reicht es nicht. Ein paar Münzen gehen außerdem an den Schuhputzer. Polierte Stiefelspitzen können für einen Mariachi-Musiker wichtiger sein als ein voller Magen. Nein, ein einfaches Leben sei das nicht auf dem Platz, klagt Serapio und schiebt sich den Sombrero in den Nacken. In seine Stirn haben sich die Falten wie Baumringe eingraviert. „Vor allem, wenn man die 70 hinter sich und die Arthritis in den Fingern hat.“ Und überhaupt balgten sich immer mehr Kapellen um immer knickrigere Kunden. Dafür werde der Tequila teurer. „Aber was will man machen? Die Stadt ist ein Ungeheuer. Da muss jeder sehen, wie er sich durchschlägt“, sagt der hagere Gitarrist der Combo Querido México. Dann hält er inne, rückt seinen Hut zurecht und legt die Hände an die buchdeckelgroße Gürtelschnalle. Wie ein Pistolero, dem gerade eine letzte Wahrheit dämmert, fügt er leise hinzu: „Aber solange es Mexiko gibt, wird der Mariachi leben!“

Der Mariachi ist eine Musik der großen Gesten, eine aus Euphorie und Schwermut komponierte Welt voller Stolz und Selbstmitleid, Virilität und zarten Gefühlen. Sein Name, so behauptet eine viel verbreitete Legende, leite sich von mariage ab, dem französischen Wort für Hochzeit. Französische Soldaten hätten es geprägt, als sie die Musik während ihres Eroberungsfeldzugs Mitte des 19. Jahrhunderts auf Hochzeitsfeiern im westlichen Mexiko hörten. Eine schöne, aber falsche Theorie. Denn spanische Missionare erwähnten das Wort schon vor dem Intermezzo Frankreichs unter dem Habsburger Marionettenkaiser Maximilian in ihren Berichten über die Coca-Indianer. Die Ureinwohner der Provinz Jalisco gelten damit als die Vorfahren der Mariachi-Musik. Dann, nach der Ankunft der Spanier im Jahr 1519, lösten europäische Instrumente die Tonwerkzeuge der präkolumbianischen Kapellen ab. Abendländische Harmonien verdrängten ihre Fünftonskalen, und im Lauf der Jahrhunderte überlagerten die Elemente barocker Kammermusik, der Rhythmus westafrikanischer Sklaven und die Leidenschaft des andalusischen Flamenco die indigenen Wurzeln des Mariachi.

Bis Anfang des 20. Jahrhunderts war der Mariachi ein bäuerliches Phänomen. Im weißen Gewand der Landarbeiter zogen die Musikanten durch das zentrale westliche Mexiko. Irgendwann heuerten sie auf einer Hazienda an und spielten dort für ein regelmäßiges Salär. Mit Beginn der mexikanischen Revolution von 1910 strömten sie in die Städte, verdingten sich auf öffentlichen Plätzen, kamen zu Geld und kleideten sich nun wie ihre einstigen Gebieter: In den zwanziger Jahren wurde der traje de charro, der Anzug des mexikanischen Herrenreiters, zu ihrem Markenzeichen – enge Hose mit Silberornamenten, kurze Jacke, bestickter Gürtel, Cowboystiefel, Halsschleife und Sombrero. Mehr als an alten Traditionen orientierten sich die Bands nun am Geschmack und an den Wünschen ihres Publikums. Dessen Einfluss ließ ihr Repertoire nach und nach zu einem unübersichtlichen Konglomerat heranwachsen, zu dem auch Walzer und Polkas gehören. Heute haben manche Mariachis bis zu 1000 Standards im Kopf.

Mexiko-Stadt war das Zentrum der Urbanisierung der Mariachi-Kultur. Vor allem die Plaza Garibaldi wurde schnell zu ihrem Mythos. Davon künden Denkmäler wie jenes von Tomás Méndez Sosa, dem Vater des Rührstücks Cucurucucu Paloma. Feldherrengleich wacht sein Konterfei über dem Platz. Neben ihm stehen Lola Bertrán und María de Lourdes auf ihren Granitsockeln, zwei der wenigen Damen, die sich in der Macho-Welt des Mariachi einen Platz ersingen konnten. Andere Legenden posieren überlebensgroß als bonbonfarbene Porträts an den Wänden des Tenampa. Das 1923 gegründete Lokal an der Plaza Garibaldi gilt als der Kreißsaal der Mariachi-Bewegung von Mexiko-Stadt. Die Karrieren einiger ihrer berühmtesten Söhne wie Pedro Infante oder Jorge Negrete erlebten hier ihre Geburtsstunden.

Es war die Zeit der letzten Revolutionsjahre, als der Mariachi zu einem patriotischen Symbol ersten Ranges avancierte. Seit Alvaro Obregóns Regentschaft in den zwanziger Jahren setzten mexikanische Präsidenten den Mariachi bei politischen Veranstaltungen ein oder subventionierten ihn, wie das spätere Staatsoberhaupt Lázaro Cárdenas. Die Musik sollte die Wunden heilen, die Hernán Cortés ins Bewusstsein der Mexikaner gerissen hatte. Vierhundert Jahre zuvor, so lautet die Krankengeschichte der nationalen Depression Mexikos, löschten Cortés und seine Konquistadoren die indianischen Kulturen aus und riefen eine Mestizen-Gesellschaft ins Leben, die seitdem mit ihrem hybriden Wesen ringt. Die Gewissheit, gleichermaßen Nachfolger von Unterwerfern wie Unterworfenen zu sein, lässt die Mexikaner bis heute mit ihrer Identität hadern. Der mexikanische Literat Octavio Paz nannte die historische Orientierungslosigkeit seiner Landsleute das „Labyrinth der Einsamkeit“. Um aus ihm herauszufinden, entwickelte das postrevolutionäre Mexiko eine groteske Liebe zur Grandezza. Alles hatte nun grande, großartig und epochal zu sein: die Architektur, der ökonomische Fortschritt, die Vaterlandsliebe, der Stolz der Männer – und der Auftritt der Mariachi-Helden. Durch die Brille dieser verzweifelten Großmannssucht betrachtet, erkennt man im Mariachi mehr als nur einen folkloristischen Spaß. Man entdeckt in ihm die endlose Suche der Mexikaner nach sich selbst.

Wer auf der Plaza Garibaldi nach der Quintessenz des Mariachi fragt, bekommt auch profanere Antworten. „Es ist eigentlich ganz einfach“, sagt einer der Musiker. „Im Grunde geht es darum, eine Frau herumzukriegen.“ Fast drei Viertel seiner Lieder seien dem Liebeswerben gewidmet, zur Not auch durch einen Telefonhörer, wenn die Angebetete gerade nicht greifbar sei. Doch die Mariachis sind nicht nur Liebesboten. Man ruft sie ebenso, um eine chancla zu intonieren. La chancla ist die Bezeichnung für einen abgetretenen Schuh und ein Klassiker, mit dem sich stilbewusste Mexikaner ihrer Freundin entledigen. La chancla que yo tiro no la vuelvo a levantar – „Die Latsche, die ich wegwerfe, hebe ich nicht wieder auf“, lautet die Botschaft an die Abservierten. Doch mittlerweile schlagen die Frauen zurück. Rata de dos patas, „Ratte auf zwei Pfoten“, heißt der derzeit beliebteste Trennungssong, mit dem emanzipierte Damen im Rosenkrieg auf der Plaza Garibaldi ihren Liebhabern den Laufpass geben.

Ein guter Mariachi muss ein bisschen traurig sein

Humberto Zavala Ildefonso hat die Welt gesehen. Doch es ist lange her, dass er mit seinem Ensemble durch Europa und Amerika tourte. Heute gilt er als einer der besten Gitarrenbauer der kleinen Zuliefererindustrie, die sich hinter der Plaza Garibaldi etabliert hat. Er sitzt in seiner Werkstatt in der Calle Perú und schleift das Griffbrett einer vihuela. Was einen guten Mariachi ausmacht? „Die richtige Stimmung“, sagt Humberto. „Und die darf nicht zu fröhlich sein. Nur wer auch ein bisschen traurig ist, hat das Zeug zu einem guten Mariachi.“ Einer seiner Nachbarn, der die Mariachis mit ihren Anzügen versorgt, sieht das ähnlich. Die Stoffe seien eigentlich viel zu warm, sagt er. „Aber so ist das nun einmal: Ein wahrer Mariachi muss leiden.“

Das Leiden beginnt in Mexiko-Stadt beim Atemholen. Dass die Metropole mit ihren heute 25 Millionen Einwohnern noch vor 80 Jahren als Luftkurort galt, erscheint wie ein Treppenwitz der Geschichte: Heute regnen pro Jahr fünf Millionen Tonnen Gift auf die Stadt, sterben jährlich 700000 ihrer Einwohner an Atemwegserkrankungen. Das sind Horrorstatistiken, die Experten vor allem auf die Abgase der mehr als vier Millionen Kraftfahrzeuge zurückführen. Ein Tag in Mexiko-Stadt, schätzen Wissenschaftler der Universität Unam, malträtiert die Lungen wie zwei Schachteln Zigaretten. Die Bronchien von José Guadalupe Morales müssen mehr aushalten. Der Trompeter arbeitet als „Greifer“ im Dieselruß der Avenida Lázaro Cárdenas am Ostufer der Plaza Garibaldi. Wieder und wieder springt der 20Jährige mit der Todesverachtung eines Toreros ins Verkehrsgebrüll der Magistrale, reckt eine Visitenkarte ins Scheinwerferlicht, weicht im letzten Moment zurück. Auf der Pappe steht „Plata de México“, der Name seiner Band. Als jüngstes von acht Mitgliedern ist er für die Kundenakquisition zuständig. So wie José fischen Hunderte von Mariachis Nacht für Nacht im ewig brandenden Blechstrom zwischen der Plaza Garibaldi und dem Palácio Bellas Artes nach einem zusätzlichen Engagement. Alle verfügen über ein Mobiltelefon und eine mehr oder weniger treue Stammkundschaft und zählen sich zur gehobenen Mittelklasse ihrer Zunft. Ihr Liedgut liefern sie frei Haus. Dass die Konkurrenz nicht schläft, belegen ihre Visitenkarten: A sus ordenes 24 horas, „Rund um die Uhr zu Diensten“. Dieser Hinweis darf auf keinem der Kärtchen fehlen.

José hat es wieder geschafft. Im Laufschritt eskortiert er eine Limousine auf ihrem Weg zum Fahrbahnrand. Seine Triumphgebärde, ein wildes Getrommel auf dem Autodach, ruft Salvador und Feliciano zu Hilfe. Der Violinist und der Sänger wehren die Rivalen ab, die plötzlich wie Hyänen aus einem Hinterhalt hervorpreschen und ihnen die Beute streitig machen wollen. Aber die Schmarotzer haben keine Chance. Der Auftrag geht an Plata de México. Aus dem Auto steigen zwei fresas – zwei „Erdbeeren“. So heißen im Jargon der Mariachis betuchte Adoleszenten. Nach einer Hörprobe geht es im Konvoi zu einer Serenade. Dreißig Kilometer durch die nächtliche Steinwüste von Mexiko-Stadt. Durch einen urbanen Tumor, in dem Chausseen und Garagenstraßen, koloniale Arkaden und eingestürzte Fassaden, größenwahnsinnige Monumente, Reklametafeln und roststreifige Baracken zu einer Agglomeration gewuchert sind, deren Größe jede Vorstellungskraft irritiert. 70000 Straßen zerschneiden den fast 700 Quadratkilometer großen Siedlungsbrei in der mexikanischen Hochebene. Seine absurden Dimensionen machen glauben, dass es im Westen der Stadt noch dunkel sein muss, während in ihrem Osten die Sonne aufgeht.

Es ist schon weit nach Mitternacht, als die Musiker in ihren puderzuckerweißen Anzügen unter einem Fenster Aufstellung nehmen. Der Motor ihres Kleinbusses tickt und summt vor Erschöpfung. Sonst hört man keinen Laut in Lomas Verdes, einem bürgerlichen Viertel von penibler Sauberkeit. Eine der „Erdbeeren“ zupft sich nervös am Ohrläppchen. Urplötzlich zerreißt der helle Aufschrei der Trompeten die Stille, dröhnen die Gitarren, wimmern die Violinen. Mit fast biblischer Wucht erhebt sich Felicianos Stimme: „Wie soll ich dich nur vergessen? Wie soll ich sie nur begraben, diese Liebe, die täglich mein Herz bestürmt…“ Hunde beginnen zu bellen, ringsum flammen Lichter auf. Doch alles lauscht, niemand nörgelt. „Wie soll ich dich nur vergessen, wenn ich überall deinem Gesicht begegne, und du willst mich nicht einmal sehen, weil du unsere Liebe verschweigst…“ Bis zum dritten Lied lässt die Adressatin ihren Galan im Ungewissen, dann tritt sie im Nachthemd aus der Tür und fällt ihm in die Arme. Mit Pantoffeln an den Füßen und einer Leidenschaft, die selbst den großen Mariachi Silvestre Vargas verlegen gemacht hätte. Es gibt keinen Zweifel: Der Auftritt von Plata de México wirkt. Die beiden bringt nichts mehr auseinander. Jedenfalls nicht in dieser Nacht.

Auf der Plaza Garibaldi ist es spät geworden. Die meisten Familien und Liebespaare sind gegangen. Dafür torkeln jetzt die Gestrandeten herum. In einer Ecke stehen Serapio und seine Veteranen. Vor ihnen wankt ein Betrunkener und zählt umständlich sein Geld. Ab und zu löst sich ein Peso-Schein aus dem Bündel und flattert zu Boden. Die heranschwirrenden Straßenkinder versucht der Mann mit halbherzigen Fußtritten zu verscheuchen. Noch ein Lied, Señor? El Rey vielleicht? Also gut. „Ich weiß genau, dass du mich nicht mehr liebst, aber an dem Tag, an dem ich sterbe, da wirst du weinen und weinen und weinen“, schmettert Serapio, der jetzt aussieht wie Don Quijote ohne Ross, die Augen schließt und noch einmal alles gibt: „Ich habe keinen Thron und keine Königin und niemanden, der mich versteht, doch ich bleibe immer ein König!“